Werkstattprofis
Frauen-Power mit Schlüsselfunktion
Text: Hartmut Malguth, Fotos: Henriette Malguth

Wer behauptet, dass die Tätigkeit in einer Kfz-Werkstatt nur etwas für harte Jungs ist, der wird im Betrieb des Autoservice H. Schulze im schönen Weimar rasch eines Besseren belehrt. Inhaber Henning Schulze ist eher ein Vertreter der verbal zurückhaltenden Schrauberfraktion, während seine Frau Daniela und Tochter Sophie vom ersten Moment an den Eindruck vermitteln, dass sie für das Unternehmen brennendes Interesse mitbringen und großen Spaß an ihrer Arbeit im Betrieb haben.
So treffen wir hier auf geballte Frauen-Power, sodass unsere erste Frage an den Inhaber Henning Schulze auch sogleich stellvertretend von Tochter Sophie beantwortet wird.
Haben Sie sich unseretwegen Verstärkung geholt?
Sophie Schulze: Nein – ich bin die Tochter des Hauses und gehöre seit elf Jahren zur Stammbesetzung hier im Betrieb.
Sie wirken noch sehr jung…
Sophie: Ich bin 27 und habe vor elf Jahren meine Ausbildung zur Bürokauffrau hier begonnen. Seit ca. drei Jahren helfe ich aber auch leidenschaftlich gern in der Werkstatt aus, erledige kleinere Service-Dienstleistungen wie Fehlerauslese, Ölstandkontrolle oder Wischwasser auffüllen. Insbesondere in der Rädersaison bin ich voll mit dabei. Die Tendenz geht dahin, künftig noch den Meisterkurs zu besuchen, um mir weitere Fachkenntnisse anzueignen.
…mit dem Ziel, irgendwann mal den Betrieb zu übernehmen?
Sophie: Ja, so ist der Plan.
Respekt! Dann haben Sie keine Geschwister?
Sophie: Nein – es sind keine weiteren Interessenten vorhanden. Die nächste Generation steht aber schon in den Startlöchern: Meine beiden Jungs sind fast zwölf und gerade acht Jahre alt. Beide interessieren sich schon besonders für Autos.



Dann schildern Sie uns doch mal wie’s losging.
Daniela: Mein Mann hat das Unternehmen exakt auf diesem Grundstück am 01.07.1990 gegründet. Damals haben wir ganz klein und bescheiden angefangen – und zwar dort, wo Sie heute noch den kleinen Imbiss sehen. Dort befand sich einst unser Büro. Bis vor zwei Jahren unterhielten wir noch einen Abschleppdienst. Aufgrund eines tödlichen Arbeitsunfalls unseres damaligen Werkstattmeisters während eines solchen Einsatzes haben wir das Gewerbe dann abgemeldet. Seither liegt der Fokus auf unserer Arbeit in der Werkstatt.
Wo liegt dabei Ihr Schwerpunkt, Sophie?
Momentan arbeite ich tatsächlich mehr hier im Büro, um meinen Vater zu entlasten. Es sei denn, es besteht dringender Handlungsbedarf in der Werkstatt. Dann ziehe ich mich rasch um und erledige dort die anfallenden Aufgaben.

Wie fällt die Reaktion der Kunden aus?
Sophie: Tatsächlich ausgesprochen positiv. Selbst ich hatte eigentlich mit mehr Skepsis gerechnet. Ich kann mich nur an eine Begebenheit erinnern, dass ein Kunde mal zu mir sagte: »Ich brauche eine professionelle Meinung!«
Daniela: Das ist wirklich die Ausnahme. Viele Kunden fragen tatsächlich konkret nach Sophie, wenn sie mit einem technischen Problem zu uns kommen.
Mit anderen Worten: Sophie ist unter der Haube!
Daniela: So lässt es sich trefflich beschreiben! Auf der anderen Seite eröffnet es uns natürlich auch gute Möglichkeiten, einmal unbesorgt in den Urlaub zu fahren. Wir wissen die Werkstatt dann in guten Händen.

Wie haben Sie es geschafft, den Verlust Ihres Meisters damals aufzufangen?
Daniela: Wir haben uns schon intensiv um Ersatz bemüht. Letztendlich hat mein Mann seitdem wieder deutlich mehr Aufgaben innerhalb der Werkstatt übernommen. Sophie erweist sich daher als nahezu unentbehrlich im Kundenempfang und für die Fahrzeugannahme. Wir sind zusammengerückt und haben es als Familie geschafft!
Sind Sie auch Ausbildungsbetrieb?
Daniela: Wir sind dafür qualifiziert, haben aktuell aber nicht geplant, einen Ausbildungsplatz anzubieten. Einzige Ausnahme: Sophies Sohn Oliver.
Sophie: Aktuell ist er noch unentschlossen, aber grundsätzlich sehr an Autos interessiert.
Dann sieht hier doch alles nach einer künftigen Erweiterung des Familienunternehmens aus…
Sophie: Schauen wir mal, wo die Reise hingeht.
Wie handhaben Sie die berufliche Weiterbildung?
Sophie: Der Kollege Stephan hat jüngst den Hochvoltschein gemacht und ist für weitere Schulungen auf dem Sektor der E-Mobilität eingeplant.
Welche Bedeutung hat dieses Techniksegment für Sie?
Sophie: Das Kundeninteresse würde ich hier mal als vornehm zurückhaltend bis nicht vorhanden beschreiben. Bislang hatten wir hier lediglich eine einzige Anforderung, wo wir den Kunden wegschicken mussten. Aber in Hinblick auf unser Kundenportfolio bei den öffentlich-städtischen Betrieben besteht durchaus die Notwendigkeit, hier am Ball zu bleiben. Andernfalls dürfen wir für Elektrofahrzeuge ja nicht einmal die Räder wechseln.


Apropos wechseln: Ich wechsle jetzt mal das Thema, um zu fragen, ob die Werkstatt Heroes bei Ihnen von Bedeutung sind.
Sophie: Selbstverständlich! Wir hatten nur noch keine Gelegenheit, unsere Fahnen aufzuhängen. Und ich habe es noch zu meinen Eltern gesagt: Zum Fototermin sollten wir die Werbebanner hissen!
Chance verpasst!
Daniela: Aber wir haben viele weitere Heroes Werbematerialien hier im Einsatz: Liegestühle, Socken usw.
Wie empfinden Sie die Wettbewerbssituation unter den konkurrierenden Werkstätten hier in der Region?
Sophie: Ich kann aus meiner Sicht nur feststellen, dass man sich untereinander hilft und unterstützt – kurzum: Es gibt nur ein konstruktives Miteinander!
So führen wir zum Beispiel auch Achsvermessungen für diverse Kollegenbetriebe aus, oder man leiht sich gegenseitig Werkzeug für spezielle Anwendungen.
Wie ist das Verhältnis von Vertragswerkstätten zu Ihnen als freie Werkstatt?
Eher despektierlich bis hin zur Arroganz, aber die Entscheidung, wohin ein Fahrzeug in den Service gegeben wird, treffen bekanntlich die Kunden. Und die kommen am liebsten zu uns.
Welche Fahrzeuggrößen können Sie technisch problemlos bedienen?
Sophie: Wir haben Bühnenkapazitäten für normale Pkw und Transporter bis zum Sprinter. Wohnmobile können wir aufgrund der Fahrzeughöhe nur bedingt bedienen.
Daniela: Seit zwei Jahren sind wir auch stolze Besitzer eines Wohnmobils. Da wir nur selten Zeit haben, es selbst zu nutzen, vermieten wir es auch im Kundenkreis.

Haben Sie diesen gesamten Gebäudekomplex in der Vergangenheit genutzt?
Daniela: Überwiegend als Sicherstellungshallen – in der Zeit, als wir noch den Abschleppdienst hatten. Damals brauchten wir die Stellflächen insbesondere für Fahrzeuge, die noch von der Polizei oder von den Versicherungen beauftragten Sachverständigen in Augenschein genommen werden mussten.
Und später haben Sie das gesamte Areal in Eigenregie umgebaut?
Daniela: Ja – genau. Das war eine sehr strapaziöse Zeit. Da wir die Hallenflächen heute nicht mehr komplett nutzen, dienen sie ausschließlich als Stellplätze für unsere Trabantflotte, unseren allerersten Abschleppwagen und unser Wohnmobil. An der historisch anmutenden Deckenkonstruktion lässt sich erahnen, wie alt dieser Komplex mittlerweile ist. Nur von außen sieht alles modern aus.
Herzlichen Dank, dass wir an den Abläufen in Ihrem Betrieb teilhaben durften.

